Grundstück finanzieren: Optionen und Risiken
Auch wenn guter Baugrund mittlerweile Mangelware ist, träumen noch immer zahlreiche Menschen von einem Neubau. Immerhin kann man die eigenen Wünsche und Vorstellungen so ganz individuell verwirklichen und teure Sanierungskosten sind in den ersten Jahren nach Abschluss der Bauphase höchst unwahrscheinlich. Doch bevor Sie den eigentlichen Bau angehen können, müssen Sie zunächst ein geeignetes Grundstück finden und gegebenenfalls dieses Grundstück finanzieren. Die zentrale Frage, die Sie sich hierbei stellen müssen, lautet: Grundstück und Neubau zusammen oder separat finanzieren?
Grundstück finanzieren – Option 1:
Kredit für Grundstück und Neubau zusammen abschließen
Ob Sie den Kredit für das Grundstück und für den Neubau zusammen abschließen können, ist im Grunde eine Frage des Timings. Haben Sie ein geeignetes Grundstück in Aussicht und sind die Pläne für Ihren Hausbau bereits fortgeschritten, so steht der Kombi-Finanzierung nichts im Wege. Achten Sie allerdings darauf, einen ausreichend großen Puffer einzuplanen, da die Baukosten nur schwer exakt zu beziffern sind und oft etwas nach oben abweichen. Auf einen ausgeklügelten Zeitplan kommt es oft vor allem dann an, wenn das Grundstück direkt über die Gemeinde gekauft wurde. Hier greifen häufig Bebauungspläne, die bestimmte Bebauungspflichten vorsehen. Ist dies der Fall, müssen Sie innerhalb eines festgelegten Zeitraums mit dem Hausbau begonnen haben. Ansonsten kann die Gemeinde den Bauplatz wieder zurückfordern.
Komfortabel und stressfrei ist der Hausbau, wenn Sie Bauplatz und Neubau aus einer Hand von einem Bauträger kaufen. Hier zahlen Sie in der Regel einen Festpreis und dürfen sich am Ende über ein schlüsselfertiges Haus freuen. Von Vorteil ist hier vor allem, dass durch den Festpreis eine sehr gute Planbarkeit gegeben ist.
Egal ob eigenständiger Hausbau oder Kauf über einen Bauträger: Die meisten Bauherren nehmen einfach ein reguläres Annuitätendarlehen über den Gesamtbetrag aus Grundstück und Neubau auf. Dieses geht meist mit einer langen Laufzeit von 10 bis 15 Jahren einher und zeichnet sich durch gleichbleibende Kreditraten und Zinssätze aus. Sie wissen also vorab, wie viel Geld Sie monatlich an die Bank überweisen müssen. Wie hoch die Zinsen ausfallen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Unter anderem spielen Ihre Bonität, das eingebrachte Eigenkapital, zusätzliche Sicherheiten sowie die Kreditlaufzeit beziehungsweise die Zinsbindung eine Rolle. Als Faustregel können Sie sich merken: je länger die Zinsbindung, desto höher die Zinsen.
Wollen Sie Ihr Grundstück finanzieren, können Sie auch einen bestehenden Bausparvertrag nutzen. Haben Sie genug in den Vertrag eingezahlt und ist dieser zuteilungsreif, haben Sie Anspruch auf ein günstiges Bauspardarlehen. Auch die Kombination mit einem Annuitätendarlehen ist natürlich denkbar.
Grundstück finanzieren – Option 2:
Kredit für Grundstück und für Neubau separat abschließen
Nicht selten kommt es vor, dass Menschen rein zufällig – zum Beispiel bei einer kleinen Spritztour – den perfekten Baugrund entdecken. Wenn die Pläne für den Neubau zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift sind, können Sie auch erst einmal das Grundstück kaufen und später dann den eigentlichen Hausbau angehen.
Grunderwerbsteuer-Ersparnis bei separater Grundstücksfinanzierung
Der Vorab-Grundstückskauf lässt Ihnen nicht nur ausreichend Zeit für die Planung Ihres Neubaus, sondern geht auch mit attraktiven Steuervorteilen einher. Bei jedem Grundstückskauf müssen Sie Grunderwerbsteuer zahlen. Kaufen Sie nun eine Bestandsimmobilie oder eine Kombination aus Baugrund und Neubau, dann wird die Grunderwerbsteuer auf Basis des Gesamtpreises berechnet. Erwerben Sie jedoch zunächst nur das Grundstück, fällt die Grunderwerbsteuer nur hierfür an. Beim späteren Neubau entfällt sie. Ein Beispiel: In Baden-Württemberg beträgt die Grunderwerbsteuer 5 Prozent. Kaufen Sie dort ein Grundstück für 70.000 Euro, so müssen Sie 3.500 Euro Grunderwerbsteuer zahlen. Kaufen Sie hingegen Baugrund und Neubau in Kombination für 280.000 Euro, so beträgt die Abgabe 14.000 Euro. Durch den gesonderten Kauf des Grundstücks würden Sie in diesem Fall also mehr als 10.000 Euro sparen.
Bedenken Sie jedoch, dass der Fiskus hier ganz genau hinsieht: So müssen Sie zwingend 2 gesonderte Verträge mit idealerweise unterschiedlichen Vertragspartnern vorweisen können. Auch sollten zwischen Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag mindestens 12 Monate liegen. Ansonsten könnte das Finanzamt einen Vertragsverbund vermuten und Ihnen die volle Grunderwerbsteuer in Rechnung stellen. Außerdem fällt die Ersparnis am Ende nicht ganz so hoch aus wie in der Beispielrechnung. Das liegt daran, dass Sie beim gesonderten Kauf von Grundstück und Neubau in der Regel zweimal zum Notar müssen und dass mehrere Grundbucheinträge nötig sind. Dies führt wiederum zu Mehrkosten.
Risiken der separaten Grundstücksfinanzierung
Wenn Sie zunächst das Grundstück finanzieren und erst später den Hausbau, dann kann dies ein oft unterschätztes Risiko bergen. So wird die Bank im Gegenzug für den Grundstückskredit eine Grundschuld von Ihnen fordern, die dem Kreditinstitut als Sicherheit dient. Die Grundschuld wird ins Grundbuch eingetragen und erlaubt es der Bank, im Falle Ihrer Zahlungsunfähigkeit sehr schnell und unbürokratisch die Zwangsversteigerung Ihres Grundstücks einzuleiten. Wichtig zu wissen ist dabei, dass grundsätzlich mehrere Grundschulden eingetragen werden können. Allerdings erhält der Gläubiger mit der Grundschuld ersten Ranges auch als Erster sein Geld zurück. Da bei Zwangsversteigerungen in der Regel nicht der eigentliche Verkehrswert erzielt wird, reicht das Geld oft nicht aus, um alle Schulden zu begleichen. Die Gläubiger mit Grundschulden der zweiten und dritten Ordnung gehen daher oft leer aus.
Haben Sie nun die Grundschuld ersten Ranges zur Finanzierung des Grundstücks vergeben, muss sich die Bank, die anschließend Ihren Hausbau finanziert, mit der Grundschuld zweiten Ranges abfinden. Da die Sicherheit hier sehr viel geringer ist, wird die Bank Ihnen schlechtere Konditionen in Form von höheren Zinsen in Aussicht stellen. Sie müssen sich hier also auf vergleichsweise hohe Kreditraten einstellen.
Doch es gibt ein paar Möglichkeiten, wie Sie dieses Szenario umgehen oder zumindest etwas abmildern können:
- Variables Darlehen / Zwischenfinanzierung: Wenn Sie Ihr Grundstück finanzieren, müssen Sie nicht zwangsläufig auf ein Annuitätendarlehen mit langer Zinsbindung setzen, sondern können auch ein variables Darlehen als Zwischenfinanzierung wählen. Der Nachteil: Die Zinsen werden hier alle 3 bis 6 Monate automatisch an die aktuellen Bauzinsen angepasst, weshalb Sie potenziell steigende Kreditraten einplanen sollten. Der Vorteil: Ein variables Darlehen können Sie kurzfristig kündigen, ohne hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Steht schließlich der Hausbau an, können Sie die Kosten für das Grundstück also in die neue Finanzierung mit einplanen und das alte Darlehen damit ablösen. Die Bank, die nun die Ablösung des alten Kredits und den Hausbau finanziert, kann somit die Grundschuld ersten Ranges erhalten.
- Darlehenssplitting: Beim Darlehenssplitting bleibt die Grundschuld ersten Ranges bei der Bank, die Ihr Grundstück finanziert hat. Um jedoch eine hohe Zinslast bei der Hausbaufinanzierung zu vermeiden, wird der benötigte Darlehensbetrag auf mehrere Darlehen aufgesplittet. Eines der Darlehen hat dabei eine lange Zinsbindung, das andere eine kurze. Für die kurze Zinsbindung erhalten Sie wiederum etwas niedrigere Zinsen, sodass Sie hier aufgrund der Mischkalkulation ein wenig sparen können. Die Option sollten Sie aber nur wählen, wenn Sie mehrere Kredite stemmen und wenn Sie das Darlehen mit kurzer Zinsbindung schnell abzahlen können.
- Grundstück zuerst abbezahlen und dann bauen: Das oben erwähnte Grundschuld-Problem entfällt gänzlich, wenn Sie das Grundstück abbezahlt haben, bevor der eigentliche Hausbau ansteht. Dann können Sie von dieser Variante sogar finanziell profitieren, da das abbezahlte Grundstück bei der Hausfinanzierung als Eigenkapital genutzt werden kann. Die Bank wird Ihnen hierfür mit günstigen Zinsen entgegenkommen. Beachten Sie jedoch, dass die Grundschuld nach Zahlung der letzten Kreditrate nicht automatisch gelöscht wird. Stattdessen müssen Sie bei der kreditgebenden Bank eine Löschungsbewilligung anfordern, mit der Sie wiederum einen Notar aufsuchen können. Dieser kann dann die Löschung der Grundschuld für Sie in die Wege leiten. Zwar resultieren daraus zusätzliche Kosten, doch sind diese angesichts der attraktiven Kreditzinsen für die Hausfinanzierung zu vernachlässigen.
Fazit: Jede Art der Grundstücksfinanzierung hat Vor- und Nachteile
Ist es besser, Grundstück und Haus getrennt oder zusammen zu finanzieren? Auch wenn sich nahezu alle Bauherren diese Frage stellen müssen, kann sie doch nicht pauschal beantwortet werden. Stehen Ihre Baupläne bereits, ist die Kombi-Finanzierung definitiv die komfortablere Variante. Sie profitieren hier von einem einzigen Ansprechpartner und müssen auch nur eine Kreditrate überweisen. Die separate Finanzierung geht hingegen mit mehr Risiken einher und kann im schlimmsten Fall hohe Zinsen bei der eigentlichen Hausfinanzierung mit sich bringen. Dafür dürfen Sie sich hier über eine ordentliche Grunderwerbsteuer-Ersparnis freuen. Setzen Sie sich vorab mit beiden Varianten auseinander und vergleichen Sie Pro und Contra. Nur so können Sie das beste Vorgehen für Ihr individuelles Bauprojekt wählen.
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