Einheitswert und Einheitswertbescheid – was hat es damit auf sich?
Eigentümer von Immobilien sind in Deutschland dazu verpflichtet, jährlich Grundsteuer zu zahlen. In diesem Zusammenhang kommt dem Einheitswert eine wichtige Bedeutung zu. Diese durch das Finanzamt ermittelte Kenngröße hat allerdings noch auf die Höhe weiterer Abgaben Einfluss. Wie sie bestimmt wird, warum ihr eine Änderung bevorsteht und welche Rolle der Einheitswertbescheid spielt, erfahren Sie auf dieser Seite.
Das ist der Einheitswert und darum steht er in der Kritik
Ganz gleich, ob Sie ein Grundstück besitzen oder Eigentümer einer Wohnung oder eines Hauses sind: Sie werden vom Finanzamt einen Einheitswertbescheid zugestellt bekommen, mit dem Ihnen der Einheitswert für Ihre Immobilie übermittelt wird. Das ist eine Größe, die für die Berechnung verschiedener Steuern und Gebühren genutzt wird. Heute gilt der Einheitswert als Grundlage für diese Steuern:
- Grundsteuer
- Gewerbesteuer
- Zweitwohnungssteuer
In der Vergangenheit diente er außerdem zur Berechnung folgender Steuern:
- Grunderwerbsteuer
- Erbschafts- und Schenkungssteuer
- Vermögenssteuer
- Gewerbekapitalsteuer
Klar abzugrenzen ist der Einheitswert vom Verkehrswert einer Immobilie. Beide betrachten zwar den Wert des Objekts, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Der Verkehrswert – alternativ auch als Marktwert bekannt – ist eine Momentaufnahme. Er gibt an, welcher Erlös sich im Falle eines Verkaufs in der Gegenwart erzielen ließe. Die Berechnung des Einheitswerts basiert dagegen auf den Werteverhältnissen zu einem bestimmten Stichtag in der Vergangenheit. In den alten Bundesländern ist dies der 1. Januar 1964, in den neuen Bundesländern gar der 1. Januar 1935.
Ursprünglich war angedacht, im Rhythmus von 6 Jahren Aktualisierungen vorzunehmen. Dies ist jedoch aufgrund des zu hohen Aufwands nicht geschehen, sodass der Einheitswert in der jetzigen Form nicht mehr die aktuellen Marktverhältnisse widerspiegelt. Aus diesem Grund stand die Berechnungsweise des Einheitswerts in der Kritik und wurde 2018 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Am 1. Januar 2025 tritt eine neue Regelung in Kraft. Bis dahin behält das alte Verfahren aber noch seine Gültigkeit. Die lange Übergangszeit ist damit zu erklären, dass für alle rund 36 Millionen Immobilien in Deutschland neue Einheitswerte festgelegt werden müssen.
Auf diese Weise wird der Einheitswert aktuell berechnet – und das gilt künftig
Das Ermitteln des Einheitswerts für ein unbebautes Grundstück gestaltet sich recht simpel. Für die Berechnung ist lediglich der Bodenrichtwert erforderlich. Dieser stammt jeweils aus dem Gutachterausschuss der entsprechenden Gemeinde. Er wird mit der Quadratmeterzahl multipliziert und damit steht das Ergebnis bereits fest. Komplexer wird es im Falle von bebauten Grundstücken. Dafür gibt es mit dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren 2 Methoden.
Das Ertragswertverfahren wird bei den folgenden Objekttypen angewendet:
- Miet- und Eigentumswohnungen
- Ein- und Zweifamilienhäuser
- Geschäftsgrundstücke
- Mietwohngrundstücke
- gemischt genutzte Grundstücke
Als Grundlage dient hier die Jahresrohmiete von 1935 oder 1964. Sie bildet den Betrag ab, den die Mieter für die Nutzung des Grundstücks inklusive Nebenkosten zahlen müssen. Für selbst bewohnte Immobilien ist die ortsübliche Vergleichsmiete – ebenfalls aus 1935 oder 1964 – die Berechnungsbasis. Dieser Wert wird anschließend mit einem Vervielfältiger multipliziert. Er ist dem Bewertungsgesetz (BewG) zu entnehmen. Zu berücksichtigen sind zudem Kriterien wie die Größe der Gemeinde, das Baujahr und die Bauweise der Immobilie sowie ihre Lage. Ebenfalls kommt auf den Prüfstand, inwiefern diese Faktoren für eine Steigerung oder eine Senkung des Werts sorgen.
Nicht immer ist die Jahresrohmiete oder eine vergleichbare Ortsmiete bekannt. Das ist insbesondere bei luxuriösen Einfamilienhäusern der Fall. Hier setzt das Sachwertverfahren an. Um den Einheitswert für die Grundsteuer und andere Abgaben zu ermitteln, nimmt das Finanzamt 3 Kenngrößen und addiert diese miteinander. Dazu gehören der Wert des Grundstücks und der Außenanlage sowie des Gebäudes. Letztgenannter ergibt sich durch die Multiplikation des umbauten Raums in Kubikmetern mit den Herstellungskosten.
Ab 2025 kommt die neue Berechnungsmethode zum Einsatz, auf deren Basis der Einheitswertbescheid dann ausgestellt wird. Entwickelt hat sie das Bundesfinanzministerium. Insgesamt fließen 5 Parameter ein. Das ist eine deutliche Vereinfachung, da es aktuell noch rund 20 sind. Konkret handelt es sich dabei um diese Faktoren:
- Art der Immobilie
- Alter der Immobilie
- Größe des Grundstücks
- statistisch ermittelte Nettokaltmiete
- Bodenrichtwert
Im Wesentlichen lassen sich die Informationen einer dafür eingerichteten Datenbank entnehmen. Um Aktualität zu gewährleisten, sind die Behörden künftig verpflichtet, diese Immobilienwerte alle 7 Jahre neu zu erheben. Die neue Berechnungsmethode müssen die Bundesländer jedoch nicht zwingend anwenden. Sogenannte Öffnungsklauseln erlauben es ihnen, auch individuelle Verfahren zu nutzen.
Der Einheitswertbescheid und seine Bedeutung
Ein Einheitswertbescheid geht jedem Immobilieneigentümer zu. Dabei ist es unerheblich, ob das Objekt gekauft oder geerbt wurde. Es spielt zudem keine Rolle, ob es sich um eine private oder gewerbliche Nutzung handelt. Gibt es mehrere Eigentümer, erhält jeder von ihnen dieses Dokument. Ein Einheitswertbescheid entspricht nicht dem Steuerbescheid. Er erteilt lediglich Auskunft über den Einheitswert, der als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer und weitere Abgaben dient. Dieser ist unter dem „Aktenzeichen der Bewertungsstelle“ zu finden und lässt sich auch dem Grundsteuerbescheid entnehmen.
Sobald das Finanzamt Kenntnis davon erhält, dass es bei einem Grundstück zu einem Eigentümerwechsel gekommen ist, nimmt es eine sogenannte Zurechnungsfortschreibung vor. Das bedeutet: Der zuletzt ermittelte, schon für den Vorbesitzer gültige Einheitswert wird dem neuen Eigentümer mitgeteilt. Im Rahmen eines klassischen Immobilienkaufs geschieht das für gewöhnlich innerhalb eines Jahres. Bei Schenkungen oder Erbschaften dauert es unter Umständen etwas länger. Gegen den Einheitswertbescheid kann schriftlich Widerspruch eingelegt werden. Das ist innerhalb von 4 Wochen möglich. Dafür muss der Eigentümer konkrete Werte oder Zurechnungen beanstanden, die er als falsch erachtet.
Verschiedene Anlässe haben zur Folge, dass der Einheitswert neu zu bestimmen ist – wenn beispielsweise ein Grundstück geteilt oder darauf ein Haus errichtet wird. Grundlegende bauliche Veränderungen an einer Bestandsimmobilie führen ebenfalls zu einer Nachfeststellung. Der Einheitswertbescheid gilt dann jeweils zum 1. Januar des Folgejahres.
Fazit: Der Einheitswert ist eine wichtige Kenngröße
Der Einheitswertbescheid ist kein Steuerbescheid – eine wichtige Bedeutung kommt diesem Dokument dennoch zu. Immerhin informiert es über den Einheitswert, also eine Kenngröße, auf deren Grundlage verschiedene Abgaben ermittelt werden. Dabei gilt die Grundsteuer als die bekannteste und wichtigste. Verkaufen Sie Ihre Immobilie, müssen Sie dem neuen Eigentümer dieses Schriftstück nicht übergeben. Ihm wird nach dem Erwerb ein eigener Einheitswertbescheid zugeschickt.
Das bislang angewendete Verfahren zum Berechnen des Einheitswerts wird 2025 durch eine neue Methode abgelöst, weil es kein zeitgemäßes Abbild der Immobilienwerte in Deutschland mehr darstellt. Auch wenn die Bundesländer nicht zwingend daran gebunden sind, dieses Modell zu nutzen, bedeutet es doch in jedem Fall: Der Einheitswertbescheid wird künftig nicht mehr auf Basis veralteter Daten ausgestellt.
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