Baurecht: Was Bauherren, Käufer und Eigentümer beachten sollten

Jeder, der eine Immobilie besitzt oder demnächst erwerben will, sollte sich zumindest ein wenig mit den Grundpfeilern des Baurechts auskennen. Verkompliziert wird das Ganze jedoch dadurch, dass viele Verordnungen auf Bundeslandebene greifen. Meist geben sogar einzelne Gemeinden noch einmal gesonderte Regeln vor. Wie Sie trotzdem stets den Überblick im Paragrafendschungel behalten und was wo geregelt ist, erfahren Sie hier.

Definition: Was versteht man unter Baurecht?

Ein Hammer und ein Schlüssel, was besagt das Baurecht?

Das deutsche Baurecht umfasst eine Vielzahl von Normen und Regelungen, die an den unterschiedlichsten Stellen definiert sind. So geht es beim Bauordnungsrecht darum, ob der jeweilige Boden überhaupt bebaubar ist – und wenn ja, in welcher Form. Zudem gibt es Vorgaben rund um die Gestaltung, Sicherheit und Energieeffizienz von Immobilien. Schließlich umfasst das Baurecht auch rechtliche Beziehungen zwischen Parteien: Beauftragen Sie etwa einen Architekten mit der Bauplanung, so greifen hierfür die Grundregeln des Bauvertragsrechts.

Das Baurecht wird in 2 Bereiche unterteilt: das private und das öffentliche Baurecht.

Öffentliches Baurecht: Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

Zum öffentlichen Baurecht gehören alle Vorschriften, die sich direkt auf die bauliche Nutzung von Boden beziehen. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Das öffentliche Baurecht regelt, ob und wie gebaut werden kann. Im Vordergrund steht hierbei die Abwehr von Gefahren: So beschäftigen sich Experten im Rahmen des Bauordnungsrechts unter anderem mit Fragen rund um Statik, Verkehrssicherheit und Brandschutz.

Neben dem Bauordnungsrecht umfasst das öffentliche Baurecht auch das Bauplanungsrecht. Hier geht es weniger um die Gefahrenabwehr, sondern vielmehr um die langfristige Bauplanung, die eine geordnete und nachhaltige Stadtentwicklung ermöglicht. Regelungen zur Bauplanung finden sich unter anderem in dem Baugesetzbuch (BauGB), der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sowie in den städtischen Bebauungs- und Flächennutzungsplänen.

Privates Baurecht: rechtliche Beziehungen zwischen Menschen

Das private Baurecht regelt rechtliche Beziehungen zwischen Menschen. Hierunter fallen beispielsweise sämtliche Verträge, die Sie als Bauherr mit Auftragnehmern wie Handwerkern, Bauträgern oder Architekten schließen. Die wichtigsten Regelungen rund um Verträge allgemein finden Sie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Darüber hinaus können für spezielle Verträge noch detailliertere Regeln greifen: So definiert die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beispielsweise Minimal- und Maximalhonorarsätze.

Welche baurechtlichen Regelungen sind wo zu finden?

Leider gibt es kein einzelnes Gesetzbuch, das Sie aufschlagen können, wenn Sie baurechtliche Fragen haben. Stattdessen gibt es zahlreiche verschiedene Regelwerke, die sich jeweils mit unterschiedlichen baurechtlichen Aspekten beschäftigen. Dazu zählen unter anderem die folgenden.

Landesbauordnung

Die Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer geben unter anderem vor, welche Mindestabstände zum Nachbargrundstück eingehalten werden müssen und wie hoch die Grenzbepflanzung maximal sein darf.

An diese Regeln sollten Sie sich zwingend halten: Stellt Ihr Nachbar etwa fest, dass die geltenden Abstandsregeln durch Ihren Überbau verletzt werden, so kann er dies der Bauaufsicht melden und eine sogenannte Verpflichtungsklage erheben. Die zuständige Behörde sieht sich den Fall dann an und kann Sie gegebenenfalls dazu auffordern, den Überbau wieder zu entfernen – und das auf eigene Kosten.

Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan hält die Gemeinde grobe Regelungen zur langfristig angestrebten städtebaulichen Entwicklung fest. Darin steht beispielsweise, ob ein bestimmter Bereich als Wohn-, Gewerbe- oder Mischgebiet geplant ist.

Für Sie als Bauherr ist der Flächennutzungsplan ganz zu Beginn Ihres Vorhabens relevant. Sehen Sie sich etwa nach einem passenden Baugrundstück für Ihr Eigenheim um, so sollten Sie diesen unbedingt prüfen. Unter Umständen kann es sein, dass Sie auf dem jeweiligen Grundstück gar kein Wohngebäude errichten dürfen.

Örtlicher Bebauungsplan

Bauherren sollten den örtlichen Bebauungsplan der jeweiligen Gemeinde genauestens studieren. Hier finden Sie Regelungen für Kleinstabschnitte von Städten und Dörfern – darunter auch für Ihr eigenes Grundstück. So kann im Bebauungsplan etwa stehen, ob Sie bestimmte Vorgaben bei der Fassadengestaltung einhalten müssen, wie viele Stockwerke Ihr Haus maximal umfassen darf und welche Dachform vorgesehen ist.

Bei einem Neubau wie auch bei vielen Anbauten müssen Sie vorher einen Bauantrag stellen und die Details Ihres Vorhabens genau angeben. Das zuständige Bauamt prüft dann, ob Ihre Pläne mit den Regelungen des örtlichen Bebauungsplans und anderen Vorschriften übereinstimmen. Ist dies der Fall, erhalten Sie eine Baugenehmigung. Ohne Baugenehmigung zu bauen, ist keinesfalls empfehlenswert: Es handelt sich hierbei um einen Schwarzbau, der problemlos wieder abgerissen werden kann. Zudem müssen Sie je nach Bundesland mit einem hohen Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das private Baurecht baut auf zivilrechtlichen Grundlagen auf, weshalb auch das BGB für Sie als Bauherr oder Immobilienkäufer relevant ist. Schließen Sie mit Ihrem Handwerker beispielsweise einen Standardvertrag gemäß BGB, so haben Sie 5 Jahre lang Gewährleistungsansprüche.

Auch wenn Sie bereits eine Immobilie besitzen, spielt das BGB für Sie eine Rolle, denn es enthält zahlreiche Regelungen zum Nachbar- und Mietrecht. So steht darin etwa, dass Ihr Nachbar Ihre Äste auf eigene Faust stutzen darf, wenn diese auf sein Grundstück überhängen und Sie das Astwerk auch auf Aufforderung nicht selbst zurückschneiden. Mietrechtlich finden Sie hier unter anderem Vorgaben rund um Mietverträge, Mieterhöhungen oder den Umgang mit Mietmängeln.

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B)

Sie müssen Ihre Handwerkerverträge nicht zwingend am BGB ausrichten, sondern können diese auch nach VOB-Recht schließen. Allerdings sollten Sie die Unterschiede genau kennen: So haben Sie gemäß VOB beispielsweise explizit Änderungsrechte. Entscheiden Sie sich spontan anders und ist eine Abweichung vom ursprünglichen Plan unproblematisch, so muss das Bauunternehmen Ihren Änderungswunsch auch umsetzen.

Gemäß BGB gilt hingegen oft: Vertrag ist Vertrag. Sie müssen die Handwerkerleistung so abnehmen, wie sie ursprünglich vereinbart wurde. Doch das BGB hat gegenüber der VOB auch einige Vorteile: So müssen Sie bei VOB-Verträgen eine verkürzte Gewährleistungsfrist von nur 4 Jahren hinnehmen.

Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Das Gebäudeenergiegesetz ist eine Kombination aus der ehemaligen Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Energieeinspargesetz (EEG) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Der Staat will anhand des GEG die Energieeffizienz von Bauwerken steigern und so die Nutzung erneuerbarer Energien vorantreiben. Hierin steht etwa, dass bei Verkauf, Vermietung und Verpachtung von Bestandsbauten stets der Energieausweis vorzulegen ist. Außerdem finden Sie hier beispielsweise Regelungen dazu, nach wie vielen Jahren Sie eine alte Ölheizung austauschen müssen.

Die 5 goldenen Regeln des Baurechts

Das Baurecht ist komplex und umfassend. Nichtsdestotrotz sollten Sie sich als Bauherr, Immobilienkäufer oder -eigentümer mit einigen wichtigen Regeln vertraut machen:

  • (Fast) kein Bau ohne Baugenehmigung: Eine Baugenehmigung benötigen Sie fast immer, wenn Sie bauen oder anbauen wollen. Lediglich kleinere Nebenbauten wie freistehende Gartenhäuser sind genehmigungsfrei. Stellen Sie am besten eine Bauvoranfrage und finden Sie so heraus, ob das Bauamt Ihrem Vorhaben grünes Licht gibt.
  • Je detaillierter der Vertrag, desto besser: Die Regel gilt im Grunde für alle rechtlichen Angelegenheiten. Achten Sie darauf, dass Bau-, Kauf-, Architekten- und Werkverträge möglichst detailliert sind und Regelungen für alle Eventualitäten vorsehen. Im Zweifelsfall sollten Sie hier nicht an der falschen Stelle sparen und einen Experten zurate ziehen. So können Sie das Konfliktpotenzial erheblich mindern.
  • Augen auf bei der Bauabnahme: Je früher Sie einen Baumangel entdecken, desto besser. Im Idealfall fällt das Problem noch vor oder während der Bauabnahme auf, sodass es direkt im Bauabnahmeprotokoll vermerkt werden kann. Zwar können Sie sich auch im Nachhinein für einen bestimmten Zeitraum noch auf Gewährleistungsansprüche berufen, doch ist die Beseitigung des Mangels vor Ihrem Einzug wesentlich einfacher und im Alltag weniger störend.
  • Vermeiden Sie voreilige Zahlungen an Bauträger: Ein Bauträger kauft das Grundstück und übernimmt auch den Bau Ihrer Immobilie. Sie verpflichten sich lediglich zum späteren Kauf. Zwar kommen Sie um Teilzahlungen während der Bauphase meist nicht herum, doch sollten Sie diese nur leisten, wenn die einzelnen Abschnitte vertragsgemäß und zu Ihrer vollen Zufriedenheit fertiggestellt wurden. Achten Sie auch darauf, dass der Vertrag einen realistischen Zahlungsplan vorsieht.
  • Schätzen Sie Ihr handwerkliches Können realistisch ein: Viele Bauherren legen bei den Bauarbeiten selbst Hand an, um Kosten zu reduzieren. Hierbei sollten Sie jedoch nur die Arbeiten übernehmen, die Sie sich auch wirklich zutrauen. Unterläuft Ihnen ein Fehler, müssen Sie selbst für die Beseitigung aufkommen. Gewährleistungsansprüche gegen Dritte haben Sie in diesem Fall nicht. Noch teurer wird es, wenn Sie durch Ihren Fehler Verzögerungen für andere Gewerke verursacht haben. Unter Umständen können die Handwerker in diesem Fall Schadensersatzansprüche gegen Sie geltend machen, da sie sich das entsprechende Zeitfenster für Ihren Bau geblockt und keine anderen Aufträge angenommen haben.

Fazit: Das Baurecht ist ein weites Feld

Für die meisten privaten Bauherren ist das Baurecht ein Buch mit 7 Siegeln – und wird es auch für immer bleiben. Für einen Neubau greifen so viele unterschiedliche Verordnungen, dass es meist erfahrene Experten braucht, um den Überblick zu behalten. Nichtsdestotrotz sollten Sie sich zumindest ein wenig mit dem Baurecht beschäftigen, bevor Sie eine Immobilie kaufen oder bauen. Finden Sie beispielsweise heraus, ob Sie eine Baugenehmigung benötigen, und achten Sie darauf, dass alle Verträge möglichst detailliert sind. Im Zweifelsfall sollten Sie immer einen Fachmann ins Boot holen.

Bildnachweis: Vitalii Vodolazskyi / Shutterstock.com

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