Instandhaltungsrücklagen berechnen und bilden
Fallen bei einem Mehrparteienhaus Renovierungen oder Reparaturen an Gemeinschaftsflächen an, können diese aus den sogenannten Instandhaltungsrücklagen der Eigentümergemeinschaft bezahlt werden. Wir erklären Ihnen, wie genau dieser finanzielle Puffer gebildet wird, wie Sie die passende Höhe für Instandhaltungsrücklagen berechnen und was Sie außerdem zu diesem Thema wissen sollten.
Was sind Instandhaltungsrücklagen?
Als Eigentümer einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus sind Sie automatisch Mitglied einer Eigentümergemeinschaft. Diese trägt gemeinsam die Verantwortung für den Betrieb und Erhalt der Immobilie – insbesondere der Gemeinschaftsflächen, beispielsweise des Treppenhauses, des Dachs oder Bereiche für die Müllentsorgung. Entstehen Schäden an diesen Teilen oder müssen bestimmte Flächen instand gesetzt werden, kommt die Eigentümergemeinschaft finanziell gemeinschaftlich dafür auf. Im besten Falle werden Handwerker und Materialien jedoch nicht „spontan“ bezahlt, sondern die Kosten werden über die Instandhaltungsrücklagen gedeckt.
Konkret handelt es sich dabei um einen finanziellen Puffer, der durch monatliche Beiträge der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft angespart wird. Gesetzlich verpflichtet sind die Eigentümer dazu nicht, in der Praxis hat sich dieses Vorgehen jedoch bewährt. Meist wird in der jährlichen Eigentümerversammlung über die zu zahlende Höhe, Kontostand und eventuelle Verwendung diskutiert und abgestimmt. Stehen Instandsetzungen oder Reparaturen an, können die Kosten dafür komplett, teilweise oder gar nicht aus den Rücklagen bezahlt werden – auch hier gibt es keine einheitliche Regelung. Geregelt ist aber, dass weder Renovierungsarbeiten in einer einzelnen Wohnung von den Instandhaltungsrücklagen bezahlt noch die monatlichen Beiträge in die Gemeinschaftskasse auf eventuelle Mieter einer Wohnung umgelegt werden dürfen.
Höhe der Instandhaltungsrücklagen berechnen
Obwohl Eigentümergemeinschaften gesetzlich nicht zum Aufbau der finanziellen Rücklagen verpflichtet sind, gibt es dennoch ein Gesetz zum Aufbau und zur Verwendung an sich: das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) § 21 Abs. 5 (4). Darin ist die Rede von einer „angemessenen Instandhaltungsrückstellung“ – eine relativ schwammige Formulierung. Der Grund dafür ist einfach: Immobilien (aber auch Eigentümergemeinschaften) sind einfach zu unterschiedlich, als dass sich pauschal eine Empfehlung für eine sinnvolle Instandhaltungsrücklage aussprechen lassen würde. Auch hier sind wieder die Eigentümer gefordert, sich auf eine Höhe zu einigen. Als Berechnungsgrundlage hat sich die Peterssche Formel etabliert.
Instandhaltungsrücklagen mit der Petersschen Formel berechnen
Die Formel setzt sich aus drei Werten zusammen:
- Zuerst werden die Herstellungskosten der kompletten Immobilie pro Quadratmeter ermittelt – definiert wird dieser Wert durch das Handelsgesetzbuch, genauer durch § 255 Absatz 2.
- Dieser Wert wird mit einem statistischen Faktor von 1,5 multipliziert.
- Das Ergebnis wird durch 80 geteilt – die Zahl steht für die kommenden 80 Jahre.
Bei der Berechnung der Instandhaltungsrücklagen mit dieser Formel wird also davon ausgegangen, dass in den kommenden 80 Jahren etwa das 1,5-fache der Herstellungskosten pro Quadratmeter anfallen. Um die Berechnung weiter zu präzisieren, wird außerdem angenommen, dass etwa 70 Prozent von dem so errechneten Wert auf die Gemeinschaftsflächen entfallen, also relevant für die Höhe der Rücklagen sind. Die übrigen 30 Prozent betreffen Renovierungen und Reparaturen in den Wohnungen selbst, die nicht von der Gemeinschaft bezahlt werden.
Aber: Die Praxis zeigt, dass diese Formel nicht immer der richtige Weg ist, um die nötigen Instandhaltungsrücklagen zu berechnen. Neben regionalen Unterschieden bei etwaigen Kosten, gibt es auch große Unterschiede zwischen Alt- und Neubauten, einfacher oder Luxusausstattung.
Alternativen zur Berechnung der Instandhaltungsrücklagen
Wer sich nicht (allein) auf die Peterssche Formel verlassen möchte, findet im sozialen Wohnungsbau Richtwerte für die Maximalbeträge bei den Rücklagen. Diese richten sich ausschließlich nach dem Alter und unterscheiden zwischen Immobilien mit und ohne Aufzug. Für maximal 21 Jahre alte Objekte werden 7,10 Euro pro Quadratmeter vorgesehen, für maximal 31 Jahre alte Immobilien 9,00 Euro und für noch ältere Häuser 11,50 Euro – bei Objekten mit Fahrstuhl wird in jeder Stufe ein Euro hinzugerechnet. Auch hier fehlt allerdings wieder der individuelle Blickwinkel auf regionale und andere Aspekte bei der Berechnung.
Der zuverlässigste, wenn auch aufwendigste Weg, Instandhaltungsrücklagen wirklich passgenau zu berechnen, ist ein Jahreswirtschaftsplan. Auch wenn sich natürlich nicht alle Renovierungen und Instandhaltungen exakt vorhersehen lassen, können Annahmen getroffen werden. Die Anfertigung eines solchen Plans wird meist von der Hausverwaltung vorgenommen.
Was passiert, wenn die Rücklagen zu hoch oder zu niedrig berechnet wurden?
Fallen die Kosten für Renovierungen deutlich niedrig aus als vorgesehen und sammelt sich ein großer Betrag auf dem Gemeinschaftskonto an, können Eigentümer gemeinsam festlegen, dass die zukünftigen Beiträge für die Rücklagen reduziert werden – auch hier gibt es keine festen Vorgaben. Bestehendes Vermögen kann gegebenenfalls auf ein verzinstes Festgeldkonto umgeschichtet werden, so dass daraus resultierende Zinsen das Guthaben weiter steigern. Meist werden größere Guthaben jedoch für nicht unbedingt notwendige Schönheitsreparaturen an Treppenhäusern, Müllplätzen und anderen Gemeinschaftsflächen verwendet. Eine Rückzahlung zu viel gezahlter Beiträge an einzelne Eigentümer ist nicht vorgesehen.
Werden Instandhaltungsrücklagen zu niedrig berechnet, müssen eventuelle Mehrkosten kurzfristig durch zusätzliche Zahlungen der einzelnen Parteien getragen werden. Je nach Höhe der Rücklagen, kann das in Einzelfällen unvorhergesehene Sonderzahlungen von mehreren tausend Euro pro Eigentümer bedeuten.
Wissenswertes zum Thema Instandhaltungsrücklagen und Steuern
Der finanzielle Puffer der Eigentümergemeinschaft wirkt sich in unterschiedlichen Situationen auf bestimmte Steuern aus. Dazu gehören:
- Grunderwerbssteuer: Wenn Sie eine Eigentumswohnung kaufen und dabei Instandhaltungsrücklagen übernehmen, müssen Sie die Grunderwerbssteuer nur auf den eigentlichen Kaufpreis zahlen – die Rücklagen ziehen Sie vorher ab.
- Werbungskosten: Wenn Sie eine Wohnung vermieten, können Sie in Ihrer Einkommenssteuererklärung Werbungskosten geltend machen. Die monatlichen Beiträge zählen allerdings pauschal nicht dazu, sondern erst, wenn die Instandhaltungsrücklagen auch tatsächlich für Reparaturen oder ähnliches verwendet werden und dann auch nur in der tatsächlichen Höhe.
- Zinsen: Wird ein Teil der angesparten Instandhaltungskosten auf einem Festgeldkonto angelegt, müssen Einnahmen aus Zinsen versteuert werden.