Mehrgenerationenhaus: Was ist das?
Der Begriff „Mehrgenerationenhaus“ ist seit einigen Jahren immer häufiger zu hören. Oftmals stiftet er dabei Verwirrung, denn mit dem Begriff lassen sich zwei eigentlich unterschiedliche Ideen bezeichnen. Was gemeint sein kann, wenn von einem Mehrgenerationenhaus die Rede ist, erfahren Sie hier.
Zwei unterschiedliche Bedeutungen
Dass im Mehrgenerationenhaus verschiedene Generationen aufeinandertreffen, lässt schon der Name vermuten. Zu welchem Zwecke die Menschen dort aber zusammenkommen und für wie lange sie das tun, hängt vom Einzelfall ab. Der Begriff ist rechtlich nämlich nicht geschützt.
Das Mehrgenerationenhaus als Begegnungsstätte
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt in Deutschland etwa 530 Mehrgenerationenhäuser, die in deren Nachbarschaft als Begegnungsstätten fungieren. Dort wohnt niemand, stattdessen werden verschiedene Projekte angeboten: Es gibt Angebote für Kinderbetreuung, Seminare und offene Treffs. Kurse, AGs und Veranstaltungen richten sich an Jung und Alt: Sport, Kunst, Kochen oder Backen, Computerkurse, zwangloses Miteinander – wenn Interesse besteht und sich jemand findet, der die Organisation übernimmt, können in einem Mehrgenerationenhaus unterschiedlichste Veranstaltungen stattfinden.
Diese Generationenhäuser sollen explizit Menschen mit verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen zusammenführen. Menschen aller Altersgruppen sind willkommen. Das Zusammensein fördert Integration, Inklusion und baut Barrieren ab. Ein Bundesprogramm, das der Förderung solcher Mehrgenerationenhäuser gilt, wurde jüngst bis 2028 verlängert.
Der jährliche Bundeszuschuss pro Mehrgenerationenhaus liegt bei maximal 40.000 Euro. Seitens der Kommunen, Landkreise und/oder Länder sind weitere Zuschüsse von jeweils bis zu 10.000 Euro möglich. Außerdem kommt den Generationenhäusern in Deutschlandaktuell zugute, dass dort aktuell mehr als 30.000 Ehrenamtliche beschäftigt sind.
Das Mehrgenerationenhaus als Wohnhaus
Als Mehrgenerationenhaus lassen sich aber auch Gebäude bezeichnen, in denen tatsächlich mehrere Generationen wohnen und leben. Häufig stammen alle Mitbewohner aus einer Familie, doch das ist längst nicht mehr die einzige Möglichkeit. Wer auch immer sich so gut versteht, dass ein gemeinsames Wohnen für alle Vorteile bietet, kann gemeinsam in ein Haus ziehen.
Von diesem Arrangement profitieren im Idealfall alle: Senioren sind nicht allein und freuen sich über sinnvolle und spannende Aufgaben im Alltag. Gleichzeitig ist jemand da, der sich um sie kümmert, wenn manches nicht mehr so funktioniert, wie es früher einmal funktionierte. Eltern hingegen bekommen von den Senioren dringend benötigte Hilfe bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Die Kinder wiederum profitieren von verschiedenen Bezugspersonen, die sich um sie kümmern und ihnen neue Dinge beibringen können. Das Leben in einer Wohngemeinschaft im Generationenhaus funktioniert gut, wenn alle es als gegenseitiges Geben und Nehmen praktizieren.
Wohnen im Mehrgenerationenhaus: Das ist zu beachten
Ein Mehrgenerationenhaus muss für alle Mitbewohner ein angenehmes Wohnen ermöglichen. Die folgenden Merkmale sollte es aufweisen:
- es gibt genügend Platz für alle, die hier einziehen und langfristig leben wollen – auch im Hinblick darauf, dass Kinder älter werden und ein eigenes Zimmer wünschen
- der Eingang ist barrierefrei
- die Wege zwischen den Etagen lassen sich mit dem Lift oder dem Aufzug überwinden
- Türen und Flure sind breit genug für Rollatoren und Rollstühle
- die Dusche ist ebenerdig begehbar und enthält eine Sitzgelegenheit
- die Schlafzimmer sind groß genug für Pflegebetten
Im Vorfeld sollten sich auch alle Parteien darauf einigen, wie sie leben möchten: Es bestehen die Möglichkeiten, zwar in einem Haus, jedoch in abgetrennten Wohnungen zu leben oder aber eine große Wohngemeinschaft einzurichten. In letzterem Falle werden Küche, Esszimmer und Wohnzimmer sowie weitere Aufenthaltsräume gemeinschaftlich genutzt.
Welche Art von Haus infrage kommt, hängt von den Vorlieben der Beteiligten ab. Über diese Dinge sollte jedoch frühestmöglich Klarheit herrschen. Idealerweise soll die Wohngemeinschaft nämlich langfristig funktionieren. Entsprechend wichtig ist es, dass alle Beteiligten mit den Gegebenheiten zufrieden sind.
Häuser, die groß genug sind, um zwei oder mehr Parteien ausreichend Platz zu bieten, gibt es jedoch nicht häufig. Die Suche wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Immobilie barrierefrei sein sollte. Viele Menschen, die in einem Generationenhaus leben möchten, lassen es daher nach ihren Vorstellungen neu bauen. So entsteht ein Haus genau nach den individuellen Bedürfnissen der Bewohner.
Gemeinsames Wohnen birgt Konfliktpotenzial
Selbst in den besten Freundschaften und Familien kommt es zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten. Das ist ganz natürlich und lässt sich auch einem Mehrgenerationenhaus kaum verhindern. Wichtig ist daher, dass Sie schon vor der Umsetzung Ihrer Pläne verschiedene Dinge klären, wie zum Beispiel:
- Wer hat welche Rechte und Pflichten?
- Welche Entscheidungen werden nur in der Gemeinschaft getroffen?
- Wie steht es um die Finanzierung des Hauses bzw. der Miete?
Besonders dem letzteren Punkt sollten Sie frühzeitig Aufmerksamkeit schenken: Ein Haus, das genügend Platz und die optimale Ausstattung bietet, ist selten günstig.
Die Kostenfrage muss frühzeitig geklärt werden
Wenn Sie ein Mehrgenerationenhaus anmieten möchten, fällt die Berechnung der Kosten relativ leicht. Es liegt an Ihren internen Absprachen, ob eine Partei anteilig mehr oder weniger bezahlt als die andere. Die Fixkosten sind allerdings klar: Sie bestehen aus Miete und Nebenkosten. Das vereinfacht die Planung.
Anders sieht es aus, wenn Sie ein Haus kaufen oder bauen lassen möchten. In die gemeinsame Kasse fließen theoretisch die Gehälter der arbeitenden Hausbewohner sowie die Pensionen oder Renten der älteren Generation. Entsprechend hoch fällt die potenziell mögliche Tilgungsrate für einen Kredit aus. Allerdings akzeptiert bei einer Baufinanzierung nicht jede Bank Senioren als Schuldner. In diesem Fall haben Sie mehrere Optionen:
- Die Senioren legen regelmäßig einen Betrag zurück und geben ihn den Kreditnehmern für eine jährliche Sondertilgung (diese muss im Kreditvertrag vereinbart sein).
- Die Senioren zahlen stattdessen einen höheren Betrag in die Haushaltskasse.
- Die Senioren bringen einen höheren Betrag für das Eigenkapital auf.
Wichtig ist in jedem Falle, dass Sie einen Vertrag schließen – so kommt es wegen finanzieller Fragen nicht zu Streitigkeiten. Dies ist auch dann ratsam, wenn Sie mit Familienmitgliedern oder engen Freunden zusammenziehen: Meinungsverschiedenheiten können auftreten, Fronten sich verhärten. Ohne eine ordentliche rechtliche Regelung leiden alle darunter.
Welche Förderungen sind für Generationenhäuser möglich?
Anders als die Begegnungszentren werden Generationenhäuser zum Wohnen nicht speziell gefördert. Allerdings stehen Ihnen die gleichen Förderungsmöglichkeiten offen wie bei jedem anderen Wohnhaus: Bauen Sie neu oder um, können Sie beispielsweise bestimmte Standards einhalten und die Förderung der KfW für energieeffizientes Bauen und Sanieren beantragen.
Im Falle des Mehrgenerationenhauses kommt auch die Förderung der KfW für altersgerechtes Umbauen infrage. Je nach Umfang der Maßnahmen, die Sie durchführen lassen, können Sie einen Kredit von bis zu 50.000 Euro zu sehr günstigen Zinsen erhalten. Im Rahmen des Programms „Altersgerecht Umbauen – Investitionszuschuss – Barrierereduzierung“ können Sie alternativ einen Zuschuss in Höhe von bis zu 12,5 Prozent der Umbaukosten (maximal allerdings 6.250 Euro) erhalten.
Es lohnt sich außerdem, in Erfahrung zu bringen, welche Förderungen die Länder und Kommunen anbieten. Denn in den Bundesländern kann es ganz unterschiedliche Programme geben. Nicht jede Kommune bietet hier Unterstützung, aber nachfragen sollten Sie trotzdem. Weitere mögliche Anlaufstellen sind soziale und kirchliche Träger.
Falls ein Bewohner des Mehrgenerationenhaushalts einen Pflegegrad hat, springt auch die Pflegekasse ein. Werden bauliche Maßnahmen durchgeführt, die der pflegebedürftigen Person das Leben im Haus erleichtern, übernimmt die Kasse bis zu 4.000 Euro der Kosten. Bei mehreren pflegebedürftigen Bewohnern kann sich die Unterstützung auf bis zu 16.000 Euro summieren. Allerdings gilt dies nicht, wenn Sie neu bauen: Der Zuschuss wird nur gezahlt, wenn es sich um bestehende Objekte handelt, die Senioren also in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.
Fazit: Ein Mehrgenerationenhaus kann eine Bereicherung sein
Als Mehrgenerationenhaus bezeichnet man einerseits ein Begegnungszentrum, in dem sich Menschen allen Alters treffen, sich gegenseitig unterstützen, Projekte angehen und Zeit miteinander verbringen. Andererseits meint der Begriff ein Wohnhaus, in dem mehrere Parteien unterschiedlichen Alters in einer Wohngemeinschaft zusammenleben. Die Wohngemeinschaft kann innerfamiliär zusammengesetzt sein, aber auch aus nicht miteinander verwandten Mitbewohnern bestehen. Sinn und Zweck solcher Mehrgenerationenhäuser ist es, sich im Alltag in der Gemeinschaft gegenseitig zu unterstützen, sodass alle von der Konstellation profitieren.
Eine Wohnimmobilie, die als Mehrgenerationenhaus fungieren soll, muss vielen Anforderungen genügen, damit alle Bewohner sich wohlfühlen. Ein barrierefreier Ausbau und genügend Platz sind die wichtigsten Faktoren. Die Wohngemeinschaft kann zur Miete wohnen, ein Haus kaufen oder eines bauen. Förderungen für seniorengerechten Ausbau oder energieeffizientes Bauen erleichtern dabei die Finanzierung. Finanzielle Absprachen sollten zudem immer vertraglich festgehalten werden.
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