Ökobilanz eines Gebäudes: Definition, Zweck, Erstellung
Nachhaltiges Bauen ist wichtiger als je zuvor – doch das Thema ist komplex und meist genügen Energiesparmaßnahmen allein nicht. Um nachhaltige Baumaßnahmen besser bewerten sowie Gebäude und Baustoffe besser vergleichen zu können, wurde die Ökobilanz als Kennzahl ins Leben gerufen. Was es damit auf sich hat und wie Sie die Ökobilanz Ihrer Immobilie herausfinden können, erfahren Sie hier.
Definition: Was ist die Ökobilanz eines Gebäudes?
Es gibt verschiedene Kennzahlen, um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes zu bestimmen. Die Ökobilanz unterscheidet sich dabei maßgeblich von vergleichbaren Werten, da hier der komplette Lebenszyklus des Gebäudes in den Fokus gerückt wird. Es geht nicht bloß darum, wie energieeffizient ein Gebäude ist. Es wird auch bewertet, wie umweltfreundlich und nachhaltig Baustoffe und Immobilien langfristig sind. Die Ökobilanz wird daher auch als Lifecycle Assessment (LCA) oder als „Cradle to Grave“-Ansatz (zu Deutsch: von der Wiege bis zur Bahre) bezeichnet.
Soll die Ökobilanz eines Gebäudes bestimmt werden, sind alle Lebensphasen zu betrachten. Dazu gehören:
- Gewinnung der Rohstoffe
- Herstellung der Baumaterialien
- Verarbeitung der Baumaterialien
- Transport
- Betrieb
- Abriss
- Entsorgung
Warum ist die Ökobilanzierung so wichtig?
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie entscheiden sich für einen umweltfreundlichen Parkettboden aus Holz, das unter fairen Bedingungen hergestellt wird. Allerdings muss das verarbeitete Holz von weit her angeliefert werden, der Transportweg ist also lang. Ihr Nachbar hingegen entscheidet sich für umwelttechnisch bedenkliches Laminat, bei dessen Produktion jedoch nur sehr kurze Transportwege anfallen. Wer hat hier ökologisch betrachtet die bessere Entscheidung getroffen?
Auch solch komplexe Szenarios kann die Ökobilanzierung auf Gebäudeebene abbilden. Das liegt daran, dass hier nicht bloß ein einziger Aspekt beleuchtet wird, sondern das Gebäude gesamtheitlich analysiert und bewertet wird.
Die Ökobilanz hat im Immobilienbereich an Relevanz gewonnen, da bisherige Bewertungssysteme den Veränderungen in diesem Bereich immer weniger gerecht werden. Bislang hat die Politik zum Beispiel darauf hingearbeitet, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. So wurden etwa die Wärmeschutzverordnung und die Energieeinsparverordnung ins Leben gerufen – durchaus mit Erfolg.
In der Vergangenheit machte die Nutzungsphase etwa 70 Prozent der Umweltwirkung eines Gebäudes aus, während die eingesetzten Bauteile lediglich auf 30 Prozent kamen. Es ergab also durchaus Sinn, bei der Energieeffizienz anzusetzen, um den Umweltschutz voranzutreiben. Mittlerweile hat sich dieses Verhältnis jedoch verschoben: Die Nutzungsphase und die Bauteile machen jeweils 50 Prozent der Umweltwirkung aus. Es muss also bereits vor der Nutzung eines Gebäudes angesetzt werden, um die langfristigen Klimaziele der Politik zu erreichen. Und genau da kommt die Ökobilanz ins Spiel.
Wie erstellt man die Ökobilanz von Gebäuden?
Die Erstellung der Ökobilanz ist gemäß DIN 14040 normiert und in 4 Phasen untergliedert:
- Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen: Es wird zunächst festgelegt, was genau untersucht werden soll. Bei Immobilien kann die ganze Immobilie betrachtet werden, etwa bei der Planung eines Neubaus. Es können aber auch nur einzelne Aspekte betrachtet werden, etwa wenn eine energetische Sanierung ansteht.
- Sachbilanz: Hier werden alle Input- und Outputströme gesammelt, die bei Produktion und Nutzung des Gebäudes anfallen. Beispielsweise wird hier der Ressourcenaufwand von einzelnen Baumaterialien betrachtet, aber auch die Größenordnung von verursachten Bodenverunreinigungen.
- Wirkungsabschätzung: In diesem Schritt wird untersucht, welche Umweltauswirkungen ein Baustoff hat. So spielt es etwa auch eine Rolle, ob die Herstellung mit Gesundheitsrisiken für die Produzenten einhergeht oder ob besonders knappe Ressourcen zum Einsatz kommen.
- Auswertung: Hier werden die Ergebnisse aus den vorhergehenden Schritten gesammelt und ausgewertet.
Wer erstellt eine Ökobilanz und was kostet sie?
Mit der Erstellung der Ökobilanzierung von Gebäuden setzen sich vorrangig Fachplaner und Architekten auseinander. Als Bauherr selbst kommen Sie eher selten in Berührung mit der detaillierten Ökobilanz-Berechnung.
Die Kosten für die Ökobilanz sind – wenn gewünscht – im Architektenhonorar inkludiert. Prüfen Sie am besten die Leistungsbeschreibung, um herauszufinden, welche Kosten am Ende für Sie anfallen.
Was bringt mir als Bauherr eine gute Ökobilanz?
Es gibt aktuell noch keine rechtlichen Vorgaben oder Mindestwerte hinsichtlich der Ökobilanz. Auch die Vergabe von Fördermitteln richtet sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht danach. Nichtsdestotrotz sollten Sie ein Interesse an einer guten Ökobilanz haben – und das nicht nur aus Umweltgründen. Die Anforderungen für staatliche Förderungen werden immer strenger und eine hervorragende ökologische Bewertung kann langfristig das Ass im Ärmel sein. Außerdem ist davon auszugehen, dass Nachhaltigkeit weit mehr ist als ein momentaner Trend. Wollen Sie Ihre Immobilie in der Zukunft möglichst gewinnbringend verkaufen, schadet eine gute Ökobilanz sicher nicht.
Wie kann ich die Ökobilanz meiner Immobilie selbst berechnen?
Zwar ist die Berechnung der Ökobilanz komplex, doch können Sie hierfür eines der vielen Online-Tools nutzen. Auch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) stellt mit dem eLCA einen kostenlosen Rechner zur Verfügung. Dieses Tool basiert auf der deutschen Baustoffdatenbank, kurz ÖKOBAUDAT. Diese wird wiederum von Herstellern und Produzenten mit sogenannten EDPs gefüttert. Hierbei handelt es sich um Umweltproduktdeklarationen, die auf vielschichtigen Prozessanalysen einzelner Baustoffe basieren.
Beim Online-Tool des BBSR handelt es sich aktuell zwar noch um eine Beta-Version, doch werden Sie als Anwender hier einfach und verständlich durch den Prozess geführt.
Fazit: Ökobilanzierung von Gebäuden rückt immer mehr in den Fokus
Das Thema Nachhaltigkeit wird angesichts des fortschreitenden Klimawandels immer bedeutsamer. Gleiches gilt für die Ökobilanz von Gebäuden. Statt lediglich einzelne Aspekte zu beleuchten, wird bei der Ökobilanzierung ein ganzheitlicher Ansatz gewählt, der den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt. Dies unterscheidet die Ökobilanzierung maßgeblich von vergleichbaren Kennzahlen wie etwa der Energieeffizienz. Zwar ist die Ökobilanz aktuell weder rechtlich noch für die Vergabe von Fördermitteln von Belang, doch könnte sich dies künftig ändern.
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