Erschließungskosten: Wie hoch sind sie und wer zahlt?
Unerschlossene Grundstücke werden meist als wahre Schnäppchen angepriesen. Doch bevor Sie direkt zuschlagen, sollten Sie sich mit den anstehenden Erschließungskosten auseinandersetzen. Denn ein unerschlossenes Grundstück an öffentliche Straßen und Versorgungsleitungen anzuschließen, ist nicht gerade günstig. Welche Kosten dabei genau auf Sie zukommen und in welchem Umfang sich die Gemeinde beteiligt, erfahren Sie hier.
Definition: Was ist eine Erschließung?
Wenn Sie eine bestehende Immobilie kaufen, dann müssen Sie sich nicht weiter mit der Erschließung auseinandersetzen. In diesem Fall sind Zugänge zu öffentlichen Straßen sowie der Anschluss an das Versorgungssystem bereits vorhanden. Im schlimmsten Fall müssen hier nur einzelne Leitungen ersetzt werden.
Handelt es sich hingegen um neuen Baugrund, ist dies nicht zwangsläufig der Fall. Fehlen Zuwege und Versorgungsleitungen, muss das Grundstück gemäß Baugesetzbuch (BauGB) erst erschlossen werden, bevor Sie mit dem Hausbau loslegen können. Das ergibt auch grundsätzlich Sinn, denn für eine funktionierende Baustelle sind Infrastruktur, Strom und Wasser unabdingbar.
Woran erkenne ich unerschlossenen Baugrund?
Noch nicht erschlossene Grundstücke werden im Flächennutzungsplan der zuständigen Kommune häufig als Rohbauland ausgewiesen. Erst wenn das Grundstück vollständig erschlossen ist, gilt es als baureif. Rohbauland ist in der Regel verhältnismäßig günstig zu haben. Werden die Kosten für die Erschließung allerdings aufaddiert, kommen Bauherren hier nur selten wirklich günstiger weg.
Arten der Grundstückserschließung
Bei der Grundstückserschließung wird prinzipiell zwischen 2 Arten unterschieden:
- Verkehrsmäßige Erschließung: Hierbei wird der Baugrund zugänglich gemacht, indem er an öffentliche Straßen, Gehwege, Parkplätze, Grünflächen, Spielplätze und die Straßenbeleuchtung angeschlossen wird.
- Technische Erschließung: Der Baugrund wird nutzbar gemacht, indem er an das Versorgungssystem angeschlossen wird. Dazu zählen Anschlüsse an Strom, Wasser, Abwasser, Internet, Telefon, Kabelfernsehen und Fernwärme. Auch der Zugang zur örtlichen Lösch- und Trinkwasserversorgung sowie die Anbindung an öffentliche Versickerungsanlagen und Ableitungssysteme für Regenwasser sind nötig.
Höhe der Erschließungskosten: Einflussfaktoren und Richtwerte
Grundsätzlich gilt: Die Höhe der Erschließungskosten kann nicht pauschal beziffert werden und auch ein Preis pro Quadratmeter lässt sich nur schwer abschätzen, da die Kosten von vielen verschiedenen Faktoren abhängen. Dazu zählen vorrangig folgende:
- Größe des Grundstücks und zu bebauende Fläche
- Abgeschiedenheit des Grundstücks
- Distanz zu den kommunalen Versorgungswerken
- Regionale Regelung (z. B. Aufteilung der Kosten zwischen Kommune und Grundstückseigentümer)
- Bodenverhältnisse
- Aktuelle, regionale Marktpreise für Baumaterial, Arbeitskräfte etc.
Zur Veranschaulichung: Besitzen Sie ein kleines Baugrundstück direkt am Dorfrand, werden die Erschließungskosten etwas niedriger ausfallen. Haben Sie sich hingegen für ein großes, eher abgeschiedenes Grundstück entschieden, so müssen Sie mehr zahlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass mit Zuwegen und Versorgungsleitungen eine größere Distanz zurückgelegt werden muss.
Um Ihre individuellen Erschließungskosten vorab besser einschätzen zu können, sollten Sie einen Termin beim Bauamt vereinbaren. Die Experten können Ihnen zumindest einen Rahmen nennen. Zusätzlich sollten Sie Auskünfte bei den jeweiligen Versorgungsdienstleistern einholen: So kann Ihnen etwa der Telekommunikationsanbieter am ehesten sagen, was das Verlegen der Leitungen in Ihrem Fall kostet.
Ganz grob gesagt, sollten Sie für die Erschließungskosten eines Standard-Grundstücks etwa 15.000 bis 20.000 Euro einkalkulieren. Diesen Betrag können Sie direkt bei Ihrer Immobilienfinanzierung berücksichtigen und die Erschließung so über die Bank finanzieren.
Öffentliche und private Erschließung: Was ist der Unterschied?
Die Erschließungskosten werden in 2 Kategorien eingeteilt:
- Öffentliche Erschließung: Ein Grundstück wird von außen bis zur Grundstücksgrenze erschlossen.
- Private / innere Erschließung: Ein Grundstück wird vom Haus bis zur Grundstücksgrenze erschlossen.
Die öffentliche Erschließung ist im Grunde Sache der zuständigen Gemeinde oder Kommune. Nichtsdestotrotz wird diese nicht von sich aus tätig. Stattdessen müssen Sie als Grundstückseigentümer einen Antrag auf Erschließung stellen. Die Kommune organisiert daraufhin die Bauarbeiten und kümmert sich um die Auftragsvergabe. Hier haben Sie als Bauherr kein Mitspracherecht, somit aber auch keine Arbeit.
Um die private Erschließung müssen Sie sich als Grundstückseigentümer selbst kümmern. Sie sind dafür zuständig, die einzelnen Erschließungsarbeiten bei den jeweiligen kommunalen Versorgern in Auftrag zu geben.
Kosten für die private Erschließung
Bei der privaten oder inneren Erschließung sind Sie als Grundstückseigentümer nicht nur für die Auftragsvergabe zuständig. Stattdessen müssen Sie die Kosten hier in voller Höhe selbst tragen. Durchschnittlich sollten Sie dabei mit 1.000 Euro pro Meter an verlegten Rohren und Leitungen rechnen. Dieser Betrag umfasst die Kosten für Tiefbau- und Verlegungsarbeiten. Je größer das Grundstück, desto höher die Kosten.
Zusätzlich sollten Sie auch mögliche Nebenkosten einkalkulieren, auch wenn diese nicht zwangsläufig bei jeder Grundstückserschließung anfallen. Hierzu gehören etwa die Kosten für folgende Leistungen:
- Grundstücksvermessung
- Erstellung eines Baugrundgutachtens
- Suche nach und Entfernung von Altlasten (z. B. Munitionsüberreste, Industrieabfälle)
- Baumfällarbeiten
Planen Sie für die Nebenkosten etwa 2.500 bis 4.000 Euro ein.
Kosten für die öffentliche Erschließung
Die Kosten für die öffentliche Erschließung werden zwischen Kommune und Grundstückseigentümer aufgeteilt. Doch freuen Sie sich nicht zu früh, denn Sie als Eigentümer müssen den Löwenanteil übernehmen. Rein rechtlich kann die Gemeinde Sie wie folgt an den Kosten beteiligen:
- Technische Erschließung: bis zu 90 %
- Verkehrsmäßige Erschließung: bis zu 70 %
Selbstverständlich kann die Gemeinde von diesen Werten abweichen und einen geringeren Anteil der Kosten auf Sie übertragen. Dies ist häufig dann der Fall, wenn im jeweiligen Ort ein Neubaugebiet besonders attraktiv vermarktet und schnell mit Leben gefüllt werden soll. Teils sind die Erschließungskosten hier sogar im Grundstückskaufpreis inbegriffen. Welche Aufteilung bei Ihrem Grundstück greift, können Sie der aktuellen Gemeindesatzung entnehmen. In sehr seltenen Fällen müssen Sie als Eigentümer sich überhaupt nicht an den Kosten für die öffentliche Erschließung beteiligen. Dies erkennen Sie am Kürzel „ebf“ (erschließungsbeitragsfrei) auf der zugehörigen Bodenrichtwertkarte. Sollten Sie zahlen müssen, dann ist dies anhand des Kürzels „ebp“ (erschließungsbeitragspflichtig) ersichtlich.
Um die Kosten für die öffentliche Erschließung grob einschätzen zu können, können Sie sich an den folgenden Richtwerten orientieren:
- Anschluss an Stromnetz: 2.000–000 €
- Wasseranschluss: 2.000–000 €
- Gasanschluss: 2.000 €
- Telekommunikationsanschluss: 1.000 €
- Anschluss an Kanalisation: 4.000–000 €
- Zugang zu Straßen, Parkplätzen etc.: 3.000–000 €
Die angegebenen Richtwerte verdeutlichen noch einmal, dass es äußerst schwierig ist, die Kosten für die Erschließung korrekt einzuschätzen. So hängen die Kosten für die Straßenerschließung natürlich sehr stark davon ab, wie viel Straße noch gebaut werden muss. Ist nur ein kurzer Zuweg nötig, kommen Sie günstig davon. Ist die nächste Straße hingegen weiter entfernt, wird es schnell sehr teuer.
Wann sind die Erschließungskosten fällig?
Bei den privaten Erschließungskosten erhalten Sie die Rechnung direkt vom zuständigen Versorger und das meist zeitnah. Bei den öffentlichen Erschließungskosten müssen Sie sich hingegen mitunter auf längere Wartezeiten einstellen. Zwar versenden die meisten Kommunen jeweils nach Fertigstellung eines Erschließungsabschnitts Teilrechnungen, doch es gibt auch Ausnahmen. Rein rechtlich hat die Gemeinde nach Abschluss der Grundstückserschließung 4 Jahre lang Zeit, um Ihnen eine Rechnung zukommen zu lassen.
Kann ich die Erschließungskosten von der Steuer absetzen?
Ob und inwieweit Sie die Erschließungskosten von der Steuer absetzen können, hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Darüber hinaus fehlt es teils noch an höchstrichterlicher Rechtsprechung, weshalb es viele Grauzonen und Unstimmigkeiten gibt.
Die meisten Experten gehen aktuell davon aus, dass Sie die Kosten für die Ersterschließung nicht von der Steuer absetzen können. Das liegt daran, dass die Erschließungskosten dem Wert des Grundstücks und nicht dem Wert des Gebäudes zugeschrieben werden. Da der Wert des Grundstücks mit der Zeit nicht abnimmt, können Sie hier auch nichts abschreiben. Anderes kann lediglich vereinzelt für Hausanschlüsse gelten, die ganz eindeutig dem Gebäude zuzuordnen sind.
Müssen einzelne Leitungen und Rohre nicht erstmalig verlegt, sondern nur erneuert werden, dann können Eigentümer von betrieblich genutzten oder vermieteten Immobilien diese Kosten in voller Höhe als Werbungskosten von der Steuer absetzen.
Bewohnen Sie Ihr Haus hingegen selbst, bleibt Ihnen lediglich ein kleiner Steuervorteil. In diesem Fall können Sie einzelne Arbeiten in Form von Handwerkerleistungen oder haushaltsnahen Dienstleistungen steuerlich geltend machen. Jedoch gilt dies nur für bis zu 20 Prozent der Kosten und maximal bis 1.200 Euro pro Jahr. Abzugsfähig sind außerdem nur reine Lohnkosten für Arbeiten, die im Haus oder auf Ihrem Grundstück erfolgt sind. Kosten für Materialien oder Sonstiges können Sie nicht von der Steuer absetzen.
Fazit: Erschließungskosten sollten nicht unterschätzt werden
Guter Baugrund ist teuer. Sollte Ihnen ein vermeintliches Schnäppchen über den Weg laufen, sollten Sie zunächst prüfen, ob das Grundstück bereits erschlossen ist oder nicht. Behalten Sie im Hinterkopf, dass unerschlossene Grundstücke mit hohen Mehrkosten einhergehen, die sich gut und gerne auf mehrere Zehntausend Euro belaufen können. Darüber hinaus gilt natürlich, dass die Erschließung nicht nur Geld, sondern auch Zeit kostet. Rund 6 Monate sollten Sie für die Arbeiten einplanen. Vergleichen Sie den angebotenen Rohbaugrund daher mit baureifen Grundstücken und prüfen Sie so, ob es sich wirklich um ein gutes Angebot handelt oder ob Sie mit einem bereits erschlossenen Baugrundstück nicht doch besser beraten sind.
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