Nachbarschaftsrecht: So klappt’s mit dem Nachbarn

Laute Partys, lästiger Grillgeruch und andauerndes Hundegebell: Das Nachbarschaftsrecht ist ein wahres Minenfeld und nicht selten kommt es zum Knall. Erschwert wird das friedliche Zusammenleben außerdem dadurch, dass es nur wenige eindeutige Regeln gibt. Geht es einmal so weit, dass ein Streit vor Gericht landet, muss meist im Einzelfall entschieden werden, was man als Nachbar dulden muss und was zu weit geht.

Was regelt das Nachbarrecht?

Grundsätzlich ist das Nachbarschaftsrecht Ländersache, weshalb die meisten Regelungen in den Nachbarschaftsgesetzen der einzelnen Bundesländer zu finden sind. Diese definieren zum Beispiel, wie hoch die Grenzbepflanzung sein darf oder wer für die Reparatur des Zauns aufkommen muss, der die beiden Grundstücke voneinander trennt.

Nachbarn reden am Zaun, was besagt das Nachbarschaftsrecht?

Darüber hinaus spielen auch Regelungen und Verordnungen eine Rolle, die auf den ersten Blick nichts mit dem Nachbarschaftsrecht zu tun haben, es aber doch betreffen. So können Sie etwa in der jeweiligen Landesbauordnung nachlesen, wie weit Ihr Gebäude oder Nebenbauten mindestens vom Nachbargrundstück entfernt sein müssen. Das Bundesimmissionsschutzgesetz enthält derweil unter anderem Regelungen hinsichtlich Lärm- und Geruchsbelästigung. Darin steht etwa, wie laut eine Wärmepumpe bei Außenaufstellung maximal sein darf.

Leben Sie in einem Mehrparteienhaus, lohnt sich auch ein Blick in die Hausordnung: Auch hier sind häufig die wichtigsten Regeln für ein friedliches Miteinander zu finden. Für Mieter gilt: Ist die Hausordnung offizieller Teil des Mietvertrags, so sind ihre Regeln verbindlich. Bei Hauseigentümern ist die Hausordnung dann rechtlich bindend, wenn sie Teil der Gemeinschaftsordnung ist.

Über all diesen einzelnen Regelungen und Verordnungen des Nachbarschaftsrechts steht immer das Bürgerliche Gesetzbuch, kurz BGB. In den Paragrafen 903 und folgende des Bürgerlichen Gesetzbuches sind die wichtigsten übergeordneten Grundsätze des Nachbarrechts zu finden. Bedenken sollten Sie dabei immer, dass im Nachbarrecht das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme gilt. Sie müssen sich also stets so verhalten, dass Sie Ihren Nachbarn in der Ausübung seiner Freiheiten möglichst wenig einschränken. Leben Sie beispielsweise Tür an Tür mit einem älteren Ehepaar, das auf den täglichen Mittagsschlaf angewiesen ist, sollten Sie nicht unbedingt genau zu dieser Zeit laute Musik einschalten oder staubsaugen. Das gilt selbst dann, wenn weder die Landesordnung noch Ihre Hausordnung offiziell eine Mittagsruhe vorsehen.

Streit mit dem Nachbarn – was tun?

Gemäß einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2017 hat jeder zweite Deutsche schon einmal einen Streit am Gartenzaun ausgetragen – Tendenz steigend. Die häufigsten Gründe für die Unstimmigkeiten sind dabei Lärmbelästigung, falsch geparkte Autos sowie nicht eingehaltene Pflichten, wie etwa die ausgebliebene Treppenhausreinigung.

Was tun als Immobilieneigentümer?

Weil die Gerichte hierzulande ohnehin stark ausgelastet sind und es bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oft weniger um die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche als vielmehr um emotionale Auseinandersetzungen geht, können Sie Ihren Nachbarn in vielen Bundesländern nicht ohne Weiteres verklagen. Häufig müssen Sie laut Nachbarschaftsrecht zuvor versucht haben, den Streit im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens außergerichtlich zu lösen.

Bei einer außergerichtlichen Schlichtung unterstützt ein ausgebildeter Streitmittler Sie und Ihren Nachbarn dabei, gemeinsam eine Lösung zu finden. Der Schlichter wird dabei mit beiden Parteien sprechen und gegebenenfalls auch Dritte hinzuziehen und befragen. Das Ziel der Schlichtung ist eine gütliche Einigung, die sowohl für Sie als auch für Ihren Nachbarn akzeptabel ist. Auf diesem Kompromiss basierend wird abschließend die sogenannte Schlichtungsvereinbarung geschlossen.

Lassen Sie die Schlichtung über eine anerkannte Gütestelle durchführen, so ist die Schlichtungsvereinbarung mit einem Vollstreckungstitel gleichzusetzen. Das bedeutet, dass die getroffene Regelung rechtlich bindend ist. Hält sich Ihr Nachbar im Anschluss an die Schlichtung nicht an diese Vereinbarung, können Sie auf Unterlassung klagen oder gegebenenfalls Schadensersatz fordern.

Das Schlichtungsverfahren im Nachbarschaftsrecht ist unbürokratisch, schnell und wesentlich kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren. Häufig fallen für die Schlichtung lediglich Kosten im 2- oder niedrigen 3-stelligen Bereich an. Aufgrund der Kostenersparnis gegenüber Gerichtsverfahren übernehmen viele Rechtsschutzversicherungen die Kosten für eine Schlichtung.

Ein Gerichtsstreit hingegen geht schnell ins Geld. Bei nachbarschaftsrechtlichen Angelegenheiten orientieren sich die Kosten am jeweiligen Streitwert. Es gilt weiterhin: Der Verlierer muss die Gerichtskosten, die Kosten für den eigenen Anwalt sowie die Kosten für den Anwalt der gegnerischen Partei tragen. Überlegen Sie sich also gut, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, den Konflikt außergerichtlich zu lösen.

Was tun als Mieter?

Wenn Sie sich als Mieter von Ihrem Nachbarn gestört fühlen, ist das Ganze etwas einfacher, denn hier können Sie sich an Ihren Vermieter wenden. Achten Sie dabei darauf, möglichst aussagekräftige Beweise vorzulegen. Bei Ruhestörung kann dies etwa ein detailliertes Lärmprotokoll sein. Spioniert Ihr Nachbar Sie dagegen mit einer Überwachungskamera aus, sollten Sie Ihrerseits Fotos von der Kamera machen.

Der Vermieter ist dann dazu verpflichtet, der Sache auf den Grund zu gehen und Ihre Beschwerde zu überprüfen. Bei einer eindeutigen Pflichtverletzung – etwa wiederholtem Grillen auf dem Balkon, obwohl dies per Hausordnung untersagt ist – kann der Vermieter Ihrem Nachbarn eine Abmahnung zukommen lassen. Fällt Ihr Nachbar dennoch weiterhin negativ auf und unterlässt er das abgemahnte Verhalten nicht, so kann eine weitere Abmahnung folgen. Im schlimmsten Fall droht dem Störenfried die Kündigung.

Kommt der Vermieter seiner Pflicht nicht nach und bleibt Ihre Beschwerde unbeantwortet, so können Sie als Mieter unter Umständen die Miete mindern. Dies ist etwa dann möglich, wenn der Nachbar wiederholt nachts die laute Waschmaschine laufen lässt oder wenn extremer Zigarettenrauch vom Balkon des Nachbarn in Ihr Schlafzimmerfenster zieht. Zum Mittel der Mietminderung sollten Sie allerdings erst greifen, nachdem Sie von Experten, zum Beispiel vom Mieterbund, zu Ihrem konkreten Fall Beratung eingeholt haben.

Häufige Streitfälle im Nachbarschaftsrecht

Ständiger Lärm, überhängende Äste oder reparaturbedürftige Grenzbebauung: Ein Streit mit dem Nachbarn ist schnell vom Zaun gebrochen. Da das Nachbarschaftsrecht komplex ist und kaum eindeutige Regeln vorgibt, kommt es meist auf den Einzelfall an.

Lärmbelästigung: laute Musik, Kindergeschrei und Hundegebell

Die schlechten Nachrichten vorab: Bundeseinheitlich geregelte Ruhezeiten gibt es nicht. Wenn Ihr Nachbar durch Dauerbeschallung auffällt, sollten Sie zunächst die Verordnung des jeweiligen Bundeslandes prüfen und nachsehen, ob dort Ruhezeiten definiert sind. Teils geben auch einzelne Gemeinden und Kommunen feste Ruhezeiten vor. Nicht zuletzt sollten Sie gegebenenfalls auch Ihren Mietvertrag oder die Hausordnung prüfen. Durchaus üblich ist eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr. Eine explizite Mittagsruhe ist hingegen eher selten vorgesehen.

Doch nicht nur die Tageszeit spielt eine Rolle, sondern auch die Art des Lärms: So ist Partylärm etwa zu vermeiden und lautes Handwerken muss nicht zwingend in den späten Abendstunden stattfinden. Kinderlärm hingegen muss fast immer toleriert werden. Bei Haustieren sieht es wiederum etwas anders aus: Bellt der Hund des Nachbarn unaufhörlich, so können Sie sich durchaus beschweren. Das Oberlandesgericht Hamm stellte sich bereits in den 1980er-Jahren in mehreren Fällen auf die Seite der Kläger und entschied, dass unaufhörliches und nächtliches Bellen eine Ruhestörung darstellen kann (Az. 22 U 249/89 und 22 u 265/87). Als betroffener Mieter können Sie in diesem Fall unter Umständen die Miete mindern.

Grenzbebauung: Wie hoch darf die Hecke sein?

Hecken sind schön und praktisch zugleich: Sie umrahmen den Garten und schaffen so ein kleines Stück Privatsphäre, weshalb sie besonders oft die Gärten von Reihenhäusern schmücken. Ärger gibt es jedoch häufig, wenn die Hecke des Nachbarn schlicht zu hoch ist und die Sonne blockiert.

Bis auf wenige Ausnahmen – darunter Bremen und Hamburg – sehen die meisten Bundesländer spezifische Grenzabstände und Maximalhöhen vor. Meist gilt, dass die Grenzbepflanzung im Abstand von 0,5 Metern zur Grundstücksgrenze maximal 2 Meter hoch sein darf. Fällt die Hecke des Nachbarn höher aus, sollten Sie diesen darauf hinweisen und darum bitten, diese etwas zu kürzen.

Auch überhängende Äste führen häufig zu Streit zwischen Nachbarn. Dabei gilt: Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Hecke steht, muss diese auch pflegen. Ragen Hecke oder Bäume des Nachbarn also auf Ihr eigenes Grundstück, so dürfen Sie diese nicht einfach zurückschneiden. Auch hier sollten Sie das Gespräch mit dem Gegenüber suchen und zunächst darum bitten, die Pflanzen zu stutzen. Erst wenn Ihr Nachbar Ihre Aufforderung mehrmals ignoriert, können Sie selbst zur Heckenschere greifen. Allerdings dürfen Sie die Pflanze dann nur höchstens bis zur Grundstücksgrenze zurückschneiden.

Zaunreparatur: Wer trägt die Kosten?

Trennt ein Zaun 2 Grundstücke und ist dieser bereits in die Jahre gekommen, stellt sich häufig die folgende Frage: Wer kommt für die Reparatur auf?

Hier lohnt sich ein Blick in die Nachbarschaftsgesetze der einzelnen Bundesländer, die diesen Sachverhalt häufig regeln. So gilt in einigen Ländern – wie etwa Brandenburg und Niedersachsen –die sogenannte Rechtseinfriedung. Das bedeutet: Der Besitzer des Grundstücks, das von der Straße aus gesehen an der rechten Seite vom Zaun abgegrenzt wird, muss für die Instandhaltung des Zauns aufkommen. In anderen Bundesländern hingegen werden die Kosten schlicht geteilt.

Fazit: Oft findet sich im Nachbarschaftsrecht ein Kompromiss

Nachbarn leben häufig Tür an Tür miteinander, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass es ab und an zum Streit kommt. Fühlen Sie sich von Partylärm, Grillgeruch oder Hundegebell gestört, sollten Sie in einem ersten Schritt das direkte Gespräch mit Ihrem Nachbarn suchen. Oft lässt sich so ein friedlicher Kompromiss finden.

Gelingt dies nicht, können Sie einen professionellen Schlichter hinzuziehen. Um die Gerichte zu entlasten, ist dies im Nachbarschaftsrecht vieler Bundesländern sogar Voraussetzung für ein späteres Gerichtsverfahren. Als Mieter sollten Sie Ihren Vermieter über das Fehlverhalten des Nachbarn in Kenntnis setzen: Dieser kann gegebenenfalls eine Abmahnung aussprechen und so mit etwas Glück den Hausfrieden wiederherstellen.

Bildnachweis: BearFotos / Shutterstock.com

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